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Awareness — Warum eigentlich?

Ausgehen, Feiern und Tanzen gehört für viele Menschen zu einem guten Leben dazu. Es geht darum Spaß zu haben und sich auszuleben. Doch was Spaß für einzelne Menschen bedeutet, ist von Person zu Person verschieden, denn persönliche Grenzen sind individuell und subjektiv. Sie zu achten und zu respektieren sollte selbstverständlich sein; genau deshalb, weil wir uns darauf verlassen wollen, dass unsere eigenen Grenzen von Anderen geachtet und respektiert werden.

Gerade in Räumen, die bestimmt sind von Laut- und Dunkelheit, Enge und Rausch (aber auch in anderen Bereichen gesellschaftlichen Zusammentreffens und sozialer Interaktion) kommt es leider immer wieder zu Grenzüberschreitungen. Diese betreffen oft Personen, die von existierenden gesellschaftlichen Machtverhältnissen bereits diskriminiert werden. Sexismus & sexualisierte Gewalt, Trans- & Queerfeindlichkeit, Rassismus, Ableismus und Antisemitismus sind nur einige Beispiele für strukturelle Diskriminierungsformen. Oftmals verlassen betroffene Personen nach solchen Erfahrungen die Veranstaltung, obwohl ja nicht sie, sondern eine andere Person etwas falsch gemacht und persönliche Grenzen überschritten hat. Sie werden dann mit ihren negativen Erfahrungen alleine gelassen und meiden längerfristig diese Orte oder sogar Partys, Veranstaltungen etc. allgemein. Das schließt die Betroffenen jedoch noch mehr aus, diskriminiert sie und manifestiert so die bestehenden Verhältnisse.

Um dem entgegenzuwirken, ist es notwendig, dass alle Beteiligten einer Veranstaltung ihre Grenzen kennen und die eigenen wie auch die der Anderen respektieren. Es liegt also in der Verantwortung aller (Gäste, Veranstalter*innen, Artists etc.), ob die Party das Potential hat, dass sich alle wohlfühlen können.

“Be careful with each other so we can be dangerous together.”

Awareness — Was ist das?

Awareness leitet sich vom Englischen to be aware ab, was so viel bedeutet wie um etwas wissen, sich über etwas bewusst sein. Dieses etwas beschreibt in unserem Verständnis von Awareness vor allem die individuellen Grenzen & Bedürfnisse von Dir selbst, wie auch von Anderen.

“Antisexistische Awareness bezeichnet einen achtsamen und bewussten Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt und sexistischer Diskriminierung. Dies schließt eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen ein, denn Sexismus und sexualisierte Gewalt sind keine individuellen Einzelfälle, sondern Bestandteile und Ergebnis gesellschaftlicher Strukturen.“

Jedoch sind nicht nur Sexismus & sexualisierte Gewalt grenzverletzend, sondern alle Formen von struktureller Diskriminierung verletzen persönliche Grenzen. Daher möchten wir als Awareness-Kollektiv, Betroffenen von allen strukturellen Diskriminierungsformen Unterstützung anbieten – wenn sie sich dies wünschen.

In erster Linie, geht es uns also um die Unterstützung von Betroffenen, darum ihre Selbstbestimmung nach grenzverletzenden Erfahrungen zu stärken und erlebte Ohnmacht durch Handlungsfähigkeit zu ersetzen. Wie genau dies praktisch geschieht, orientiert sich immer an den Bedürfnissen der Betroffenen. In zweiter Linie geht es uns aber vor allem auch darum Machtverhältnisse zu reflektieren und über den Haufen zu werfen, Aufmerksamkeit für Grenzverletzungen, Übergriffe und alle Formen struktureller Diskriminierung zu erzeugen und dafür zu sensibilisieren. Die Motivationen und Ziele, die hinter unserer Awareness-Arbeit stehen, sind politisch.

Awareness — Was bedeutet
das für uns?

Awareness-Arbeit ist in vielen Bereichen von gesellschaftlichem Zusammentreffen und sozialen Interaktionen eine notwendige Aufgabe. Wir leisten Awareness-Arbeit, …

weil wir uns bewusst darüber sind, dass Grenzen subjektiv und manchmal schwer in Sprache zu bringen sind

weil wir uns bewusst darüber sind, dass Grenzverletzungen und Übergriffe leider passieren

weil wir unsere Zeit & Aufmerksamkeit eher denen widmen wollen, die betroffen sind, als denen die sich grenzüberschreitend verhalten haben

weil die thematisierten Verhältnissen nicht hinnehmbar sind und sich nicht weiter verfestigen dürfen

weil Situationen so einschneidend und belastend sein können, dass Betroffene sich ohnmächtig und alleine fühlen

weil wir uns bewusst darüber sind, dass es nicht einfach ist, immer empathisch zu sein und die Grenzen aller, inkl. unserer eigenen zu achten und zu respektieren

weil wir sensibilisieren wollen für strukturelle Diskriminierung und Grenzen, Deine eigenen und die von Anderen

Woraus besteht unser Angebot?

Während einer von uns betreuten Veranstaltung, können sich jederzeit alle Anwesenden an uns als Awareness-Team wenden, so denn sie Unterstützung wünschen. Dabei ist unsere Haltung grundsätzlich eine Parteiliche. Das heißt, dass wir uns mit Betroffenen von Diskriminierung solidarisch erklären und uns an deren Seite stellen. Ziel unseres unterstützenden Angebots soll sein, dass sich die betroffene Person wieder handlungsfähig und sich befähigt fühlt, Entscheidungen für sich treffen zu können. Das kann sein, der betroffenen Person zu ermöglichen, auf der Veranstaltung zu bleiben, wenn sie das möchte. Das kann auch sein, dass die betroffene Person mit einem guten Gefühl nach Hause gehen kann oder einen temporären Schutzraum (Safer Space) für die Person zu schaffen. Falls es dafür nötig ist, die als bedrohlich empfundenen Personen von der Veranstaltung zu verweisen, können wir das in Zusammenarbeit mit den Schutz-Strukturen umsetzen.

Der Fokus unseres Handelns liegt auf den Bedürfnissen und Wünschen der betroffenen Person. Sie muss sich nicht erklären, ihre subjektive Sicht auf das Geschehene nehmen wir ernst und stellen diese nicht in Frage. Da Grenzen subjektiv sind, können nur die Betroffenen selbst sagen, wann sie etwas als grenzüberschreitend wahrgenommen haben. Unsere Orientierung an Wünschen der Betroffenen heißt nicht, dass diese Sanktionen verhängen können. Wir setzen keine Strafen um, sondern versuchen die Situation bestmöglich im Sinne der betroffenen Personen zu gestalten. Das kann auch Konsequenzen für die übergriffige Person beinhalten.

Alles was uns erzählt wird unterliegt der Schweigepflicht und wird vertraulich behandelt. In anonymisierter Form werden wir im Team (und ggf. mit den Veranstalter*innen) darüber sprechen, um unsere Arbeit zu reflektieren und uns auszutauschen. Nur mit dem Einverständnis der betroffenen Person geben wir Informationen an Dritte weiter (z.B. Schutz, auslösende Person etc.).

Grundsätzlich gilt es dabei zu beachten, dass organisierte Awareness-Strukturen auf Veranstaltungen keinen sicheren Raum schaffen können und Grenzverletzungen sowie Übergriffe nicht auszuschließen sind. Außerdem ist unser Angebot auf akute Unterstützung ausgelegt. Einige Situationen und Betroffenenlagen können mit unserer Unterstützung vor Ort aufgelöst werden; andere bedürfen langfristig angelegter Unterstützung. Hierfür verweisen wir an ausgewählte Beratungsstellen.

Damit unser Angebot auf Events von den Besucher*innen wahrgenommen werden kann, besteht die Notwendigkeit dieses auch präsent zu gestalten. Daher haben wir den Anspruch über verschiedene Mittel Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Vor einer Veranstaltung

Im Vorfeld bereiten wir den Veranstaltungsraum gemeinsam mit den Veranstalter*innen vor. In diesem Zug hängen wir z.B. verschiedene Plakate auf (z.B. “Nein heißt Nein”, Hinweise zu allgemeiner Rücksichtnahme, Hinweise Awareness-Teams) und bereiten einen Awareness-Point im Veranstaltungsraum vor. An diesem sind wir jederzeit ansprechbar und informieren zu Awareness-Relevanten Themen durch direkte Kommunikation oder ausliegende Infomaterialien.

Während einer Veranstaltung

Ist eine Veranstaltung bereits im Gange können die Gäste uns über den zuvor erwähnten festen Stand ansprechen. Da wir nicht ausschließlich an einem festen Punkt präsent sind, sondern uns auch gelegentlich ein Bild von der laufenden Veranstaltung machen möchten, markieren wir uns für die Gäste klar ersichtlich durch auffällige pinke Westen, leuchtende Schilder oder Tape. Dies soll es jedem Menschen ermöglichen uns sofort ansprechen zu können, sollte akute Unterstützung benötigt werden.

Außerhalb von Veranstaltungen

Auch außerhalb von Veranstaltungen möchten wir ansprechbar bleiben, Informationen zu Beratungs- und Kontaktstellen herausgeben sowie theoretisches Wissen teilen. Um dies zu ermöglichen, stellen wir möglichst alle Informationen auf dieser Website zur Verfügung und sind bei Instagram aktiv. Auch hier besteht jederzeit die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme.

Voraussetzungen
für unsere Arbeit

Um eine sinnvolle und erfolgreiche Awareness-Arbeit gewährleisten zu können, ist es notwendig, dass bereits im Vorfeld zu einem Event bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese können i.d.R. ausschließlich durch die gemeinsame Organisation einer Veranstaltung (Awareness-Kollektiv + Veranstaltungsorga) erreicht werden. Denn: Wir verstehen uns nicht als Dienstleister*innen und werden keine Veranstaltung begleiten, in welcher wir nicht zuvor als Co-Organisator*innen mitwirken konnten. Wie wir uns das genau vorstellen ist wie folgt beschrieben.

Rahmenbedingungen

Wir möchten die Veranstalter*innen eines Events im Vorfeld kennenlernen und wissen wie das Events gestaltet ist (Beginn, Ende, Räumlichkeiten, Ansprechpersonen, Programmablauf, erwartete Anzahl an Gästen etc.). Dies ermöglicht uns, die Veranstaltung entsprechend vorzubereiten (Schichtplanung / Timetable, Anzahl von Supporter*innen für Awareness-Arbeit, etc.). Eine gut vorbereitete und durchdachte Veranstaltung, ermöglicht es auch uns die Veranstaltung entspannt über die Bühne zu bringen.

Damit eine Veranstaltung funktioniert, müssen alle Beteiligten zusammen funktionieren. Gerade zwischen dem Einlass / Schutz muss eine Zusammenarbeit bedingungslos in beide Richtungen funktionieren, damit im äußersten Fall auch Veranstaltungsausschlüsse problemlos und vor allem schnell durchgesetzt werden können. Alle Mitarbeiter*innen des Events sollten wissen, dass eine Awareness-Struktur existiert und wie sie diese erreichen, um Personen dorthin weitervermitteln zu können.

Awareness-Arbeit im Sinne dieses Konzeptes ist nur dann möglich, wenn die Veranstalter*innen und Gäste über Interesse und Bereitschaft verfügen, sich mit dem Thema zu beschäftigen und sich selbst aware zu verhalten. Dies bedeutet nicht, dass wir nur mit erfahrenen und belesenen Person und Orgagruppen zusammenarbeiten. Vielmehr wünschen wir uns im Rahmen der Vorgespräche festzustellen, ob ein kollegialer Umgang miteinander möglich ist und ob in der Orgagruppe Offenheit vorliegt sich selbst zu reflektieren und sensibel mit der beschriebenen Thematik umzugehen.

Infrastruktur

Damit im Fall der Fälle die Möglichkeit besteht, sich mit Betroffenen in einen geschützten Raum zurückziehen zu können, muss ein solcher auch zwangsläufig Vorhanden sein. Dieser sollte möglichst ruhig, trocken und warm sein, sowie ausschließlich für die Mitarbeiter*innen des Awarenessteams und die Orga zugänglich sein. Gespräche mit Betroffenen, welche hier stattfinden, sollen nicht gestört werden.

Um eine zentrale Anlaufstelle für die Besucher*innen eines Events bieten zu können, benötigen wir einen Tisch bzw. einen Platz an dem wir uns positionieren und Infomaterialien auslegen können. Wie das im Konkreten aussieht, ist von Veranstaltung zu Veranstaltung unterschiedlich und muss im Vorfeld kommuniziert werden.

Für eine Veranstaltung sollten im Vorfeld alle Ansprechpersonen für uns geklärt sein, um schnelle Kommunikationswege zu gewährleisten. Je nach Größe einer Veranstaltung, macht es eventuell sinn sich über Funk auszutauschen. Sollte eine solche Funkkommunikation existieren, müssen wir ebenfalls in dieser bedacht sein.

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